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Ins Wasser springen, ohne nass zu werden

Verantwortlicher Autor: Ronaldo Goldberger Bern, 08.04.2022, 11:15 Uhr
Presse-Ressort von: Ronaldo Goldberger Bericht 9358x gelesen

Bern [ENA] Was die Schweiz anzustellen vermeint, nämlich an zwei Hochzeiten tanzen zu können, ohne sich zu zerteilen, ist eine irre Vorstellung. Wer ins Wasserbecken mit den Haifischen springt, muss sich den Gegebenheiten dort anpassen und vermag sich nicht herauszureden, man habe sich einzig der Delfine wegen beherzt in die Wogen gewagt. Doch der Bundesrat zu Bern neigt zu eben dieser Illusion.

Die Schweiz hat in Bezug auf den tragischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine Stellung bezogen, um mehrheitsfähig zu bleiben bzw. zu werden. Als Mitträgerin von Wirtschaftssanktionen kann sie sich nicht herausreden, sie erfülle einen humanitären Auftrag, denn im Endeffekt bewirkt sie das pure Gegenteil: Viel wirtschaftliches Leid v.a. bei der Zivilbevölkerung, die auf die Versorgung von Grundbedürfnissen und ununterbrochene Lieferketten dringlichst angewiesen ist. Einmal mehr schmiegt sich die Schweiz an mehrheitsfähige Vorgehensweisen an, die ihr die Autonomie des Handelns abschnüren.

Nicht dass die Schweiz bislang nicht auf Absprachen mit den Protagonisten des Weltgeschehens angewiesen gewesen wäre. Bloss hat sie diskreter ihre Stärken ausgespielt, indem sie sich nicht am strategischen Ringen von Kriegsparteien aktiv beteiligt hat. Nicht umsonst hat sie gute Dienste angeboten, die auch in Anspruch genommen worden sind. Das ist nun vorbei! Die Glaubwürdigkeit punkto Neutralität ist mehr als im Eimer, selbst wenn politische Nachjustierungen erfolgen sollten. Wichtiger als die Eigenbetrachtung scheint der auswärtige Blick auf eine sich auf dem Holzweg verirrt habende Schweiz zu sein.

Partei zu ergreifen zugunsten der Menschlichkeit ist das eine, am Kriegsgeschehen sich mittels Sanktionen zu beteiligen, etwas völlig anderes. Würde Bern kühlen Kopf bewahren, könnte es dem Frieden mehr dienlich sein. Doch im Soge der Mehrheit brüllt es sich einfacher. Neutral Gebliebene sprechen mit leisen, wenngleich beherzten Tönen. Nicht die Nüchternheit hat für diesmal obsiegt, sondern die vermeintliche Moral.

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