Israels Existenz ist keine Selbstverständlichkeit mehr
IL-Jerusalem [ENA] Mehr und mehr dringt durch, was manchem wohl lieber verschleiert bliebe: Israels physisches Bestehen ist gefährdet. Dies aufgrund etlicher Parameter in einem Mass, dass noch unersichtlich ist, wie lange Israel in diesem Schwebezustand verweilen kann. Es muss sich aufrichten, um zielgerichtet strategisch die Oberhand zu behalten. Es scheint eines der heftigsten Überlebensmanöver des jüdischen Staates bisher zu werden.
Verlieren könnte Israel alles: seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit, seine regionale Vormachtstellung, seine prosperierenden Städte und Dörfer, den Zusammenhalt der Gesellschaft, sämtliche für schwierige Zeiten zurückgelegten Ersparnisse, die optimistische Grundhaltung für eine gesicherte Zukunft inmitten einer Flut von Ablehnung, die Gebärfreudigkeit seiner Frauen, die jüdisch konnotierte Grundkomponente.
Den Wenigsten ist klar, dass die in den vergangenen Jahrzehnten eifrig beschworene Selbstvergewisserung mitnichten auf Fakten, sondern auf Wunschdenken beruht. Man hat in der Eigenbetrachtung Israels massive Erfolgsgeschichte in Technologie und Wirtschaft kontinuierlich aufgebläht und über Jahrzehnte hinweg sie so dargelegt, als ob die damit einhergehende überregionale Strahlkraft durch nichts, aber auch gar nichts zu beeinträchtigen sei.
Generalstabsoffiziere und ihre politischen Hintermänner vermeinten bis an die Grenze der Arroganz darlegen zu müssen, als ob Israel primär ihnen, den typischen Karrieristen, die Weisheit zum Überleben und die militärische Vormachtstellung zu verdanken habe. Doch in Tat und Wahrheit sind sie selber profitierender Teil eines korrupten Establishments, das mehr auf fette Pensionskassenansprüche beharrt als auf der zu gewährleistenden Sicherheit der Bevölkerung und der ihm anvertrauten Streitkräfte. Die Offizierskaste verfiel einem Tunnelblick, der sich nunmehr als fatal bis kriminell entpuppt hat.
Der Umstand, dass das israelische Militär 7-8 Stunden benötigte, um gegen über 3000 Hamas-Terroristen vorzugehen, die nach langer akribischer Planung in den westlichen Teil der Negev-Wüste eingedrungen sind mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung gezielt abzuschlachten, spricht Bände. Es muss nach sich verdichtendem Erkenntnisstand davon ausgegangen werden, dass ein Verrat in höchsten Kreisen diesen erbärmlichen Zustand sogar hervorgerufen hat.
Jedenfalls dürfte das Faktum, wonach Premier Netanyahu nur unzulänglich informiert worden ist über die seit geraumer Zeit sich zusammenbrauenden Vorgänge an der Grenze zum Gazastreifen, nicht zuletzt darauf zurückzuführen sei, dass internen Kräften in ihrem beständigen Bestreben, die formell durchs Stimmvolk abgesegnete Rechtsregierung zu sabotieren, daran gelegen war, das Land zu destabilisieren.
Seit Iran die Souveränität Israels in der Nacht vom 13. auf den 14. April in einer 1000-1500 km langen Direkttransversale von verschiedenen Landesgegenden aus mit etwa 350 Selbstmorddrohnen, ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ernsthaft in Frage gestellt hat, ist die Abschreckung Israels dahin, zumal bislang keinerlei militärische Reaktion erfolgte bzw. bloss eine begrenzte in der Nähe von Isfahan, deren Ausmass sorgsam unter Verschluss gehalten wird.
Natürlich ist man in Israel erleichtert über den Umstand, dass man – im Schulterschluss mit Verbündeten – die Geschosse mit ihrer tödlichen Fracht zum allergrössten Teil unschädlich machen konnte, bevor sie ihre Ziele erreichten. Manche interpretieren dies als das zweite Purim-Wunder im Gedenken an den höchsten persischen Regierungsbeamten Haman, der vor rund 2500 Jahren auf Geheiss des Königs mit Stumpf und Stiel in allen 128 Provinzen sämtliche Juden zu ermorden hatte. Dies gelang ihm aufgrund einer Finte von Königin Esther und ihres Onkels Mordechai nicht, und er wurde daraufhin mitsamt seinen zehn Söhnen am Galgen aufgeknüpft.
Wer immer in Israel den himmlischen Beistand erbittet, mag zwar hoffen, erneut davonzukommen auch in der gegenwärtigen Situation, da der jüdische Staat von Irans Stellvertretern tödlich eingekreist wird. Doch der eigentliche israelische Befreiungsschlag zur Beendigung des Würgegriffs steht erst noch bevor. Wirksame Operationen, die terroristischen Hamas-Strukturen im Gazastreifen dergestalt zu zerschlagen, dass sie für Israel künftig keine Gefahr mehr bilden, stehen noch aus. Was derzeit militärisch abgeht, auch im Stellungskrieg im Landesnorden gegenüber den schiitischen Terrormilizen der Hizbollah, ist lediglich ein Vorspiel für Kommendes.